Definition
Der Begriff des Kindeswohls ist stets kontextabhängigen Diskussionen unterworfen. Nach wie vor gibt es keinen eindeutigen Konsens darüber, was als „angemessen“ und „geeignet“ für die Entwicklung eines Kindes angesehen wird. Auch der Begriff der „Kindeswohlgefährdung“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Dennoch sind sich Fachkräfte im Bereich der Gesundheitsversorgung und der Sozialen Dienste über grundsätzliche Indikatoren und Ausprägungen einig, die zu einer Gefährdung des Kindeswohls führen.
Im Folgenden möchten wir Ihnen drei ausgewählte Definitionen vorstellen:
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Begriff der KWG in seiner Rechtsprechung konkretisiert und versteht darunter eine gegenwärtige, in einem solchen Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt.
Eine gegenwärtig vorhandene Gefahr kann sich sowohl aus einem elterlichen Handeln (z.B. Gewaltanwendung gegenüber dem Kind) als auch aus einem elterlichen Unterlassen (z.B. Vernachlässigung des Kindes) ergeben. Ob eine erhebliche Schädigung droht, ist anhand der Nachteile für das Kind zu beurteilen, die sich für das Kind aus Entscheidungen, Verhaltensweisen oder Lebensumständen der Eltern ergeben können. Von der Sicherheit der Vorhersage einer gefährdungsbedingten erheblichen Beeinträchtigung der Entwicklung des Kindes ist auszugehen, wenn eine Schädigung des Kindes bereits eingetreten ist und von einer weiteren Gefährdungslage auszugehen ist. Zwingende Voraussetzung einer Gefährdungsprognose ist eine bereits eingetretene Schädigung indes nicht.
Der Begriff Kindesinteresse nach der Definition der Vereinten Nationen legt grundsätzliche Standards zum Schutz des Kindes fest und betont die Notwendigkeit, dass bei allen Maßnahmen, die Kinder und Jugendliche betreffen, „dass Interesse des Kindes ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt ist“.[1] Der Begriff des Kindesinteresses fand seinen Ursprung in dem Übereinkommen über die Rechte der Kinder (UN-Kinderrechtskonvention vom 20. November 1989). In der deutschen nicht von der UN autorisierten Fassung wurde der authentische Begriff, z. B. engl. "best interest of the child", span. interés superior del nino mit „Kindeswohl“ wiedergegeben.
Psychologische Arbeitsdefinition Kindeswohl
Das Kindeswohl ist in dem Maße gegeben, in dem das Kind einen Lebensraum zur Verfügung gestellt bekommt, in dem es die körperlichen, gefühlsmäßigen, geistigen, personalen, sozialen, praktischen und sonstigen Eigenschaften, Fähigkeiten und Beziehungen entwickeln kann, die es zunehmend stärker befähigen, für das eigene Wohlergehen im Einklang mit den Rechtsnormen und der Realität sorgen zu können. Letztlich ist also der Maßstab für das Kindeswohl das "Lebenswohl". Kindheit ist in dem Maße geglückt, wie sie einen Menschen instand setzt (die Grundlage bietet), als Erwachsener für sein eigenes Wohlergehen sorgen zu können. Der Begriff des Kindeswohls bezieht sich nicht auf den Augenblick oder einen kurzen Zeitraum, sondern hat die ganze Kindheit und Jugend bis zur Volljährigkeit bzw. Erwachsenenreife zum Bezug.
Sponsel, Rudolf (
DAS
). Kindeswohl-Kriterien. Familienrechtspsychologische Abteilung der SGIPT. Eine Serviceleistung der Allgemeinen und Integrativen PsychologInnen und PsychotherapeutInnen. Erlangen IP-GIPT.
Weitere Fachinformationen zu Kindeswohlgefährdung werden in den Leitlinien der Fachgesellschaften umfassend dargestellt.